Viele kennen das Haus das Verrückte macht in Asterix und Obelix. Rückblickend kommt mir mein Lehrhof genau so vor. Ich war über ein halbes Jahr dort und damit war ich eine derjenigen die lange durchgehalten haben. Das ist auf eine gewisse Art und Weise schon traurig und für ein gutes zusammen arbeiten nicht sehr förderlich. Zu jeder Zeit war entweder ein Pfleger oder eine Pferdewirtin zum Einschulen oder einfach gar keiner da. Wenn allerdings immer neues Personal eingeschult werden muss kann sich nur schwer so etwas wie Routine herauskristallisieren.
In meiner Probezeit arbeitete kurz eine Pferdewirtin am Hof mit der ich mich sehr gut verstanden habe. Sie war nicht viel älter als ich und hat sich in meiner Eingewöhnungsphase ein bisschen meiner angenommen. Nach zwei Wochen hat sie mir eröffnet das sie nicht länger in diesem Arbeitsverhältnis bleiben will. Mich einweihen ins das Geheimnis warum wollte sie nicht. Ich sollte mir mein eigenes Bild machen. Ich habe ein halbes Jahr dafür gebraucht.
Die Pferdewirtin war respektvoll und hat weiter gearbeitet. Natürlich ist die Motivation unbezahlte Überstunden zu machen und immer einen Handgriff mehr zu tun als nötig nicht mehr da, wenn man beschließt ein ausnützendes Arbeitsverhältnis zu beenden. Das war meiner ehemaligen Chefin natürlich gar nicht recht und an einem Tag wurde ihr gesagt sie solle ihre Sachen packen und sofort ausziehen. Von dem Moment an wusste ich: Falls ich diesen Hof verlassen wollte musste ich quasi auf gepackten Sachen sitzen.
Nach einiger Zeit kam eine neue Pferdewirtin, die schon mehr Lebenserfahrung hatte. Sie sollte mit den Jungpferden, dem Unterricht und züchten helfen. Da wir zu dieser Zeit keinen Stallburschen hatten mussten beide Pferdewirtinnen und ich den Stall ausmisten. Schnell wurde klar das sie das Tempo der anderen Pferdewirtin nicht halten konnte. Sie war um einiges langsamer und das führte dazu das die Chefin nur noch sauer auf sie war und man ihr nichts mehr recht machen konnte. Sie hatte auch bei ihrem Vorstellungsgespräch ein Reitniveau angegeben das leider nicht den Erwartungen entsprach, somit hatte unsere Chefin beschlossen sie nicht an die Jungpferde zu lassen.
Alles in allem keine tolle Situation und von einem Tag auf den anderen war sie weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Alle Sachen von ihr waren noch in der Wohnung und auch ihre Meerschweinchen waren noch da. Nachdem sie sich einige Tage nicht blicken gelassen hat haben wir eine Räumung der Wohnung durchgeführt. Schimmel in den Töpfen war das angenehmste was wir aus dieser Wohnung entfernt haben. Ich Nachhinein haben wir erfahren das sie sich wohl selber in eine Klinik eingewiesen hat, da sie sehr unter dem Arbeitsverhältnis leiden musste, was ich sehr gut nachvollziehen konnte. Von dem Moment an wusste ich: Falls ich diesen Hof verlassen wollte musste ich quasi auf gepackten Sachen sitzen, sonst wird alles weggeschmissen und ohne Sorgfalt behandelt.
Von einem Arbeiter möchte ich noch erzählen. Er war ein Pfleger, der von einer ungarischen Firma geschickt wurde. Leider konnte er kein bis ganz wenig deutsch und englisch. Die Verständigung stellte sich von Anfang an als schwierig heraus. Gearbeitet hat er okay aber nicht so gut wie den Pfleger, den er vertreten hat. Er war leicht dicklich und hat auch geraucht, das ist mir im Normalfall egal aber in dieser Geschichte wird das noch wichtig. Beim Arbeiten hat er geschwitzt und es war alles anstrengend für ihn.
Die Rauchpausen wurden immer länger und das ist natürlich den Chefs aufgefallen. Wer musste sich darum kümmern: der Lehrling natürlich, wer denn sonst. Ich habe versucht ihm klar zu machen das es so nicht weitergehen kann und er ein bisschen mit dem Arbeitstempo zulegen musste. Angekommen ist das allerdings nie. Bei einem Pferde von der Weide holen wurde er von einer verrückten Stute niedergerannt und danach hat er sich über Schulterschmerzen beschwert. Den Chefs war das egal, sie haben ihm Schmerzmittel geben wollen und sie haben ihn gleich weiter misten lassen. Zwei Tage später ist er, laut eigenen Angaben von einer Heubodensicherheitsleiter hinuntergefallen. Nach diesem Vorfall hat er jegliche Arbeit verweigert. Ihm wurde angedroht, dass er gar keinen Lohn bekommen würde, das er ja nicht zum Arzt gehen dürfe und das ja gar nichts passiert sei. Von dem Moment an wusste ich: Falls ich diesen Hof verlassen wollte musste ich quasi auf gepackten Sachen sitzen, sonst wird alles weggeschmissen und ohne Sorgfalt behandelt und mit allen Anschuldigungen rechnen.
Das gelernte konnte ich bei meinem eigenen Abgang vom Hof natürlich anwenden. Da ich mich nicht getraut habe allein zu kündigen, habe ich meinen Vater gebeten mir beizustehen und mein Felsen in der Brandung zu sein und WOW war das die richtige Entscheidung.
Angefangen hat alles damit das ich einen Unfall hatte. Mein Knie hat eine Bewegung nicht mehr mitgemacht und nachgegeben. Ich konnte eine Stunde nicht mehr aufstehen und niemand erreichen, der mir helfen konnte. Mir wurden von meinem Chef starke Schmerzmittel verschrieben und gesagt: wenn es morgen nicht besser ist dann musst du zum MR. Was spürt man aber nicht mehr mit einer kräftigen Dosis Schmerzmittel? Ja klar: Schmerz! Natürlich war es am nächsten Tag besser. Konnte ich laufen? Nein, aber der Schmerz war weniger. Am übernächsten Tag ging ich wieder arbeiten. Ich habe allerdings für zwei Wochen verweigert mich auf ein Pferd zu setzten, weil einfach nichts gestimmt hat und ich Angst hatte bei einer Kleinigkeit mich durch die Schmerzen nicht mehr am Pferd halten zu können.
Am letzten Tag des Oktobers wurde ich am Abend zu einem Gespräch mit meiner Chefin gebeten. Mir wurden meine Möglichkeiten aufgezählt, da meine Lehrmeisterin den Hof verlassen hatte und kein neuer Meister innerhalb der Frist gefunden wurde. Ganz schnell wurde mir klar das meine Chefin wollte das ich 4,5 Jahre am Hof arbeiten sollte, am Besten noch zum Gehalt eines Lehrlings nur damit ich dann vielleicht zu einer Sonderprüfung zugelassen werden konnte. Das wollte ich aber von Anfang an nicht und habe ich auch genau so mitgeteilt. Meine Chefin versicherte mir das sie weiter unermüdlich nach einer Möglichkeit suchen will, da sie mich umbedingt behalten will.
Einen Tag später wurde mir per SMS gesagt das es keine Lösung geben wird und ich mich entscheiden muss was ich weiter tun will. Es gäbe aber immer einen Platz am Hof für mich und sie würden sich freuen wenn ich mich dazu entschließen würde zu bleiben. Mein Vater ist am Folgetag am Hof angekommen und hat sich mit mir gemeinsam meiner Chefin gestellt.
In dem Gespräch wurde mir einiges vorgeworfen. Unter anderem, dass ich schon alle Urlaubstage in dem Jahr aufgebraucht hatte, das ich immer Stunden Mittagspause machen würde (an diesem Punkt hat sogar die immer loyale Pferdewirtin widersprochen), alle Boxen verdrecken lassen würde, immer fahrlässig mit den Pferden umgehen würde, nicht nett zu den Reitschülern sein würde und noch vieles mehr. Mein Vater und ich habe versucht ein paar Punkte zu verhandeln, aber in dem Moment wo ich die Kündigung ausgesprochen hatte, war bei meiner Chefin für sie alles erledigt und ich sollte weg und raus.
Wir mussten in vier Stunden meine Wohnung ausräumen und alles in zwei Autos gepackt ging es Richtung Tirol, zu meinen Verwandten. Der Plan war das ich mir von dort aus eine neue Lehrstelle suchen würde. Ich habe dann für eine Woche nur geschlafen und feststellen müssen, dass ich mich gar nicht wohl fühle mit dem Gedanken vom Regen in die Traufe zu gelangen und vielleicht sogar nur einen schlimmeren Arbeitsplatz zu finden. Als sich dann die Möglichkeit am Schottenhof angeboten hat habe ich mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge wieder einmal umorientiert.